Vorwort - Foreword
Stephan Koja

Andrea Bischof gehört zu den bedeutendsten Gegenwartskünstlerinnen Österreichs und hat sich besonders durch ihre farbliche Subtilität und die große Ausgewogenheit ihrer Kompositionen einen Namen gemacht. Ihre Malerei ist ein koloristisches Fest für die Augen. Dieses erzielt sie in einem geduldigen, monatelangen Prozess durch das raffinierte Neben- und Übereinandersetzen leuchtender Töne, das zu deren gegenseitiger Steigerung und zu volltönenden Akkorden durch optische Farbmischung führt. Durch das reizvolle Spiel von Oberfläche und Tiefe geraten Bischofs Gemälde in Bewegung, beginnen förmlich zu atmen und zu pulsieren.

Andrea Bischof is one of Austria's most important contemporary artists and has made a name for herself particularly through her subtlety of color and the great balance of her compositions. Her painting is a coloristic feast for the eyes. She achieves this in a patient, months-long process through the refined juxtaposition and overlapping of luminous tones, which leads to their mutual enhancement and to full-toned chords through optical color mixing. The enticing interplay of surface and depth sets Bischof's paintings in motion; they literally begin to breathe and pulsate.

Mit immer neuer Begeisterung sucht Bischof nach den Beziehungen der Farben – und nach der geheimnisvollen Sprache, die aus dieser Unterhaltung der Töne untereinander entsteht. So gelingen ihr Arbeiten, die zum berührenden Erlebnis werden. Angesichts ihrer leuchtenden Pracht ergreift den Besucher eine innere Heiterkeit, ein beglückendes Gefühl reiner Harmonie.

With ever renewed enthusiasm, Bischof searches for the relationships between the colors and for the mysterious language that emerges from this conversation between the tones. In this way, she succeeds in creating works that become an emotive experience. In view of their luminous splendor, the visitor is seized by an inner serenity, a delightful feeling of pure harmony.

Es ist eine autonome Malerei, die ganz aus dem Inneren schöpft – und doch in ständiger Auseinandersetzung mit den sich immer neu offenbarenden Eigenschaften einzelner Farben und den Harmonien ihres Miteinanders entsteht. So wird das langsame Entwickeln des Bildes für Bischof zum Erkenntnisprozess. Letztlich sucht sie nach einer Schönheit, die über den vordergründigen Reiz hinausgeht, auf Größeres verweist. Der unverkennbar meditative Charakter ihre Bilder lädt den Betrachter zum Innehalten und Sich-Vertiefen ein.

It is an autonomous painting that draws entirely from the inner self and yet is created in constant confrontation with the always new and revelatory properties of individual colours and the harmonies of their interaction. In this way, the slow development of the painting becomes a cognitive process for Bischof. Ultimately, she is looking for a beauty that transcends superficial appeal and points to something greater. The unmistakable meditative character of her paintings invites the viewer to pause and become immersed.

War es lange Zeit die Kunst der französischen Impressionisten, der Nabis und der auf Monets legendäres Spätwerk reagierenden Abstrakten Expressionisten in den Vereinigten Staaten, mit der sich Andrea auseinandersetzte, so erlangte in den letzten Jahren die venezianische Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts immer größere Bedeutung für sie. Denn immer mehr fühlt sich die Malerin hingezogen zu dem koloristischen Reichtum der Venezianer, bei denen sie eine ähnliche Festlichkeit, ein ähnlich inneres Leuchten findet. So schafft Bischof eine Malerei, die eine reiche Tradition fortsetzt und diese gleichzeitig auf das eindrucksvollste erneuert.

Vor diesem Hintergrund ist es der Gemäldegalerie Alte Meister, die einen der weltweit bedeutendsten Bestände venezianischer Malerei besitzt, eine große Freude, ein von der Künstlerin eigens für einen Barockpavillon des Dresdner Zwingers geschaffenes Werk, das sich in seinem mächtigen Querformat unverkennbar auf Gemälde Veroneses, in der Farbigkeit aber auf Giovanni Battista Tiepolo bezieht, zu präsentieren und damit zum Dialog zwischen den Alten Meistern und der Malerei der Gegenwart einzuladen.

While for a long time Andrea grappled with the art of the French Impressionists, the Nabis and the Abstract Expressionists in the United States, who reacted to Monet's legendary late work, in recent years Venetian painting of the 16th to 18th centuries has become increasingly important to her. The painter feels herself more and more drawn to the colouristic richness of the Venetians, in whom she finds a similar festive atmosphere, a similar inner glow. Thus Bischof creates a painting style that continues a rich tradition and at the same time renews it in the most impressive way.

Against this background, the Gemäldegalerie Alte Meister, which owns one of the world's most important collections of Venetian painting, is delighted to present a work created by the artist especially for a Baroque pavilion in the Dresden Zwinger. In its powerful landscape format the work unmistakably refers to paintings by Veronese, but in its colourfulness to Giovanni Battista Tiepolo, thus inviting a dialogue between the old masters and contemporary painting.

 

Stephan Koja

Direktor

Director

Gemäldegalerie Alte Meister

Skulpturensammlung bis 1800

Staatliche Kunstsammlungen Dresden